Fiktive Abrechnung: Schaden auszahlen lassen ohne Reparatur

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall stellen sich viele Betroffene oft dieselbe Frage: Muss ich mein Fahrzeug zwingend reparieren lassen – oder kann ich mir den Schaden auch einfach auszahlen lassen? Die Antwort lautet: Ja, Sie dürfen sich den Schaden erstatten lassen, auch wenn Sie keine Reparatur durchführen lassen. Dieses Vorgehen nennt sich fiktive Abrechnung. Was das genau bedeutet, wie die fiktive Abrechnung funktioniert, welche Rechte Sie als Geschädigter haben und welche Fehler Sie vermeiden sollten – all das erfahren Sie in diesem Beitrag. Außerdem geben wir Ihnen ein praxisnahes Beispiel, mit dem Sie besser verstehen, wie die Abwicklung funktioniert.

Die wichtigsten Punkte im Überblick
  • Geld statt Reparatur: Der Schaden wird ausgezahlt, ohne dass repariert werden muss.
  • Anspruch: Jeder Geschädigte nach einem unverschuldeten Unfall darf fiktiv abrechnen.
  • Erstattet wird: Die im Gutachten ermittelten Reparaturkosten – netto, ohne Umsatzsteuer.
  • Nicht erstattungsfähig: Umsatzsteuer (wenn nicht angefallen), Verbringungskosten, eventuell Lackangleichung.
  • Voraussetzung: Ein unabhängiges Kfz-Gutachten ist die Grundlage für die Abrechnung.

Was bedeutet fiktive Abrechnung genau?

Wenn Sie nach einem Verkehrsunfall Geschädigter sind, haben Sie grundsätzlich Anspruch auf vollständigen Schadensersatz. Dabei können Sie wählen, ob Sie den Schaden tatsächlich reparieren lassen – oder ob Sie sich den Schadenbetrag auszahlen lassen, ohne die Reparatur durchführen zu müssen.

Dieses Vorgehen nennt sich fiktive Abrechnung. Die Versicherung des Unfallverursachers zahlt Ihnen den Netto-Betrag, den ein unabhängiger Gutachter für die Reparatur angesetzt hat. Das ermöglicht Ihnen finanzielle Flexibilität – etwa wenn Sie den Schaden selbst kostengünstiger beheben lassen oder gar keine Reparatur wünschen, weil das Fahrzeug ohnehin verkauft oder stillgelegt werden soll.

Fiktive Abrechnung Beispiel – So funktioniert’s in der Praxis

Nehmen wir an, Ihr Fahrzeug wird bei einem Unfall am Kotflügel und der Stoßstange beschädigt. Ein unabhängiger Gutachter der SSG kalkuliert die Reparaturkosten auf 2.500 Euro brutto. Da Sie keine Werkstatt beauftragen, sondern den Schaden auszahlen lassen möchten, kommt die fiktive Abrechnung ins Spiel.

In diesem Fall erhalten Sie:

  • Reparaturkosten laut Gutachten: 2.500 Euro brutto
  • Abzüglich Umsatzsteuer (19 %): 2.101,68 Euro netto
  • Abzüglich evtl. nicht anfallender Positionen (z. B. Verbringungskosten)

Sie erhalten also etwa 2.100 Euro zur freien Verfügung – ohne Ihr Fahrzeug tatsächlich reparieren lassen zu müssen. Würden Sie den Schaden in einer Werkstatt beheben, bekämen Sie die volle Bruttosumme erstattet – inklusive Mehrwertsteuer.

Welche Schäden darf man sich auszahlen lassen ohne Reparatur?

Grundsätzlich können Sie alle unverschuldeten Unfallschäden fiktiv abrechnen – sowohl kleinere Blechschäden als auch größere Reparaturkosten. Wichtig ist: Die Haftung muss eindeutig beim Unfallgegner liegen, und es muss ein qualifiziertes Schadensgutachten vorliegen.

Besonders häufig wird fiktiv abgerechnet bei:

  • Älteren Fahrzeugen, bei denen eine Reparatur den Restwert übersteigt
  • Kleinen Parkremplern oder Kratzern, die optisch kaum auffallen
  • Fällen, in denen das Fahrzeug ohnehin verkauft oder nicht mehr lange genutzt wird
  • Technikaffinen Haltern, die den Schaden in Eigenregie oder günstiger beheben können
Ihr Gutachten in sicheren Händen.

Ob Unfallschaden, Parkrempler oder Gutachtenerstellung – wir stehen Ihnen mit Fachwissen und Erfahrung zur Seite. Vom unabhängigen Schadengutachten über Hilfe bei der fiktiven Abrechnung bis hin zur Klärung mit der Versicherung – bei uns sind Sie in besten Händen. Auch bei Wertminderung, Nutzungsausfall oder Oldtimer-Gutachten unterstützen wir Sie kompetent.

Jetzt unverbindlich beraten lassen und sicher entscheiden.

Wichtige Voraussetzungen für die fiktive Abrechnung

  1. Unabhängiges Gutachten: Der wichtigste Punkt: Ohne professionelles Schadensgutachten keine fiktive Abrechnung. Lassen Sie den Schaden nicht durch einen Gutachter der gegnerischen Versicherung bewerten – sondern durch einen freien, unabhängigen Sachverständigen wie die SSG. Nur so wird der Schaden vollständig dokumentiert und realistisch beziffert.
  2. Keine Umsatzsteuer-Erstattung: Die Mehrwertsteuer wird nur dann erstattet, wenn sie tatsächlich angefallen ist. Das ist nur der Fall, wenn Sie eine Reparaturrechnung vorlegen. Bei fiktiver Abrechnung erhalten Sie nur den Netto-Wert aus dem Gutachten.
  3. Mögliche Kürzungen durch die Versicherung: Versicherer prüfen fiktive Abrechnungen genau – und kürzen teils bestimmte Positionen wie Verbringungskosten, UPE-Aufschläge oder Kosten für eine Lackangleichung. Hier hilft es, einen Anwalt für Verkehrsrecht einzuschalten, der Ihre Ansprüche professionell durchsetzt.
  4. Keine Nachteile bei späterem Verkauf: Auch wenn Sie den Schaden nicht reparieren lassen, dürfen Sie das Fahrzeug weiterverkaufen – allerdings müssen Sie den Unfall und die nicht durchgeführte Reparatur offenlegen. Der Verkaufspreis kann dann entsprechend niedriger ausfallen.

Fiktive Abrechnung: Vorteile und Nachteile im Überblick

Vorteile:

  • Sie erhalten schnell Liquidität zur freien Verfügung.
  • Keine Pflicht zur Reparatur – maximale Flexibilität.
  • Möglichkeit, den Schaden günstiger beheben zu lassen und Geld zu sparen.
  • Volle Kontrolle über das weitere Vorgehen mit dem Fahrzeug.

Nachteile:

  • Keine Erstattung der Mehrwertsteuer.
  • Ggf. Kürzungen bestimmter Gutachtenpositionen.
  • Pflicht zur Offenlegung bei Fahrzeugverkauf.
  • Bei Leasingfahrzeugen oder Finanzierung kann die fiktive Abrechnung ausgeschlossen sein.

Fiktive Abrechnung: Was tun, wenn die Versicherung kürzt?

Viele Versicherungen kürzen die fiktive Abrechnung standardmäßig. Besonders betroffen sind Kosten wie:

  • Verbringungskosten (Transport des Fahrzeugs zur Lackiererei)
  • UPE-Aufschläge (Aufschläge auf Ersatzteile)
  • Lackangleichungskosten
  • Kalkulierte Stundensätze teurer Markenwerkstätten

Lassen Sie solche Kürzungen nicht ungeprüft stehen. Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kann hier oft erfolgreich gegensteuern – auch diese Kosten werden bei unverschuldetem Unfall häufig von der gegnerischen Versicherung übernommen.

Wann ist fiktive Abrechnung nicht sinnvoll?

Es gibt Fälle, in denen eine fiktive Abrechnung nicht empfehlenswert ist. Zum Beispiel:

  • Bei neuwertigen Fahrzeugen, bei denen der Wiederverkaufswert stark vom einwandfreien Zustand abhängt.
  • Wenn das Fahrzeug geleast oder finanziert ist – hier verlangen Leasinggeber in der Regel eine fachgerechte Reparatur.
  • Bei komplexen Schäden, die sicherheitsrelevant sind (z. B. Fahrwerk, Airbag-Systeme etc.).

Wichtig: Hier ist die Reparatur oft nicht nur sinnvoll, sondern notwendig, um den Fahrzeugwert zu erhalten oder die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.

Fazit: Fiktive Abrechnung bietet Flexibilität – mit dem richtigen Gutachter an Ihrer Seite

Die fiktive Abrechnung ist eine rechtlich anerkannte Möglichkeit, nach einem unverschuldeten Unfall den entstandenen Schaden als Geldbetrag auszahlen zu lassen, ohne dass eine Reparatur erfolgt. Damit erhalten Sie maximale Entscheidungsfreiheit – ob für Eigenreparatur, Weiterverkauf oder anderweitige Verwendung des Geldes.

Wichtig ist jedoch, von Anfang an den richtigen Weg einzuschlagen: Holen Sie ein unabhängiges Gutachten ein, lassen Sie sich nicht von der gegnerischen Versicherung unter Druck setzen und holen Sie bei Kürzungen rechtliche Unterstützung.

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